Wer zahlt Aufwand für die Prüfung einer unberechtigten Mängelrüge?

1. Rügt der Besteller zu Unrecht einen Mangel, hat der Auftragnehmer keinen vertraglichen Anspruch auf Erstattung des Aufwands für die Mängelprüfung.

2. Allerdings kommt ein Schadensersatzanspruch des Auftragnehmers in Betracht, wenn der Besteller die fehlende Berechtigung der Mängelrüge pflichtwidrig nicht festgestellt hat, obwohl ihm dies möglich war.

LG Essen, Urteil vom 27.04.2010 - 12 O 393/08

BGB § 280

Problem/Sachverhalt

105,91 Euro brutto bestimmen den rechtlich interessanten Teil der Entscheidung. Diesen Betrag macht der Kläger als Nachunternehmer neben Restwerklohn für die vergebliche Prüfung einer Mängelrüge der beklagten Hauptunternehmerin geltend. Die Hauptunternehmerin hatte ohne eigene Prüfung eine Mängelrüge der Bauherrin durchgereicht. Der Nachunternehmer wendet zwei Stunden für die Prüfung der Mängelrüge auf und befindet "alles in Ordnung". Seinen Aufwand stellt er der Hauptunternehmerin zuzüglich Umsatzsteuer in Rechnung. Die Hauptunternehmerin hält ihre Mängelrüge aufrecht und bezahlt nicht.

Entscheidung

Das Gericht kommt sachverständig beraten zu dem Ergebnis, die Leistung war mängelfrei. Der Nachunternehmer hat allerdings keinen vertraglichen Anspruch auf Zahlung der 105,91 Euro. Für die Prüfung der Mängelrüge ist kein Entgelt vereinbart worden. Die Hauptunternehmerin hat sich insoweit aber schadensersatzpflichtig gemacht. Sie hätte die Mängelrüge der Bauherrin prüfen und dabei bereits feststellen können, dass die Rüge unberechtigt gewesen ist. Die Hauptunternehmerin hat sich nicht allein auf die Mängelrüge der Bauherrin verlassen dürfen. Der Nachunternehmer kann allerdings nicht die Umsatzsteuer beaufschlagen, da Schadensersatzleistungen kein Leistungsaustausch zu Grunde liegt.

Praxishinweis

Die Entscheidung zeigt, dass Mängelrügen nicht "blindlings abgefeuert" werden dürfen, sie müssen zumindest plausibel sein (BGH, IBR 2009, 206). Andernfalls kann der Unternehmer seinen Aufwand für die Mängelprüfung als Schaden aus § 280 BGB geltend machen, weil der Besteller seine Sorgfaltspflicht, den Vertragspartner nicht mit unberechtigten Ansprüchen zu belangen, schuldhaft verletzt hat. Das Maß der Sorgfaltspflicht bestimmt sich nach den jeweiligen Erkenntnismöglichkeiten des Rügenden. Für den Unternehmer gelten strengere Anforderungen als für den privaten Bauherren. Dem Unternehmer ist zu empfehlen, den Auftraggeber darauf hinzuweisen, dass die Untersuchung unter dem Vorbehalt der Werklohnberechnung erfolgt und zu vergüten ist, wenn sich die Werkleistung als mängelfrei erweisen sollte. Stimmt der Auftraggeber diesem Vorschlag zu, besteht bei festgestellter Mängelfreiheit ein Vergütungsanspruch. Den Auftraggeber trifft allerdings keine Verpflichtung, sich zu einem solchen Vorschlag zu äußern.

RA und FA für Bau- und Architektenrecht Dr. Benjamin Berding, Köln

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Quelle: IBR Verlag mit ausdrücklicher Genehmigung des IBR Verlages IBR Online

(IBR-Online: Werkstatt-Beitrag vom 23.11.2010. Änderungen und Korrekturen bleiben vorbehalten. Der Beitrag ist deshalb zunächst nur eingeschränkt zitierfähig.)